Drei Beispiele aus Absdorf im Niederösterreichischen Weinviertel zeigen, dass das sehr gut möglich ist. Der Alltag lässt sich auch ohne Auto gut organisieren. Dazu braucht es vor allem eine gute Planung und die Bereitschaft auf ein gewisses Maß an Comfort zu verzichten. In Absdorf ist auch erleichternd, dass es eine gute öffentliche Anbindung gibt und ein gutes Angebot an Nahversorgern im Ort. Sehr wichtig sind gut ausgebaute Radwege vor allem im Zentrumsbereich, auf denen man sich sicher bewegen kann. Viele Kinder fahren mit dem Roller oder Fahrrad zur Schule und zum Bahnhof.
Unsere drei Interviewpartner:innen haben einiges gemeinsam: Sie arbeiten in Wien und nutzen die gute Anbindung an die Franz-Josefs-Bahn und Car-Sharing.
Armin Nefischer
Was waren deine Beweggründe autofrei zu leben?
Seit 5 Jahren habe ich jetzt kein eigenes Auto mehr. Ich konnte mir das Auto nicht mehr leisten und habe somit versucht mein Leben anders zu organisieren und es hat sehr gut funktioniert. Zum Beispiel kann ich am Heimweg nach dem Aussteigen aus dem Zug noch schnell einkaufen und bin 10 Minuten später zu Fuß zu Hause.
Wie lässt sich der Alltag ohne Auto organisieren?
Der Alltag lässt sich sehr gut organisieren! Am Anfang hat es etwas Zeit gebraucht für die Umstellung, aber es ist schlussendlich alles ohne großen Aufwand organisierbar.
Seit 5 Jahren habe ich jetzt kein eigenes Auto mehr. Ich konnte mir das Auto nicht mehr leisten und habe somit versucht mein Leben anders zu organisieren und es hat sehr gut funktioniert. Zum Beispiel kann ich am Heimweg nach dem Aussteigen aus dem Zug noch schnell einkaufen und bin 10 Minuten später zu Fuß zu Hause.
Armin Nefischer
Wenn du doch ein Auto brauchst….?
Im Durchschnitt miete ich ein E-Auto zirka 8 bis 10 Mal im Monat und davon meist nur eineinhalb Stunden. Die restliche Zeit des Monats wäre mein eigenes Auto ein Stehzeug. Ich bin mittlerweile bei drei Car-Sharing Diensten: „Fahrvergnügen“ in Absdorf, „share now“ und „e-loop“. Diese drei Anbieter decken alle meine Mobilitätsbedürfnisse ab. Ich arbeite in Wien und es ist manchmal recht praktisch von dort gleich direkt zu starten. Für Urlaube borge ich mir das Auto auch für mehrere Tage aus und das funktioniert: Bei ganz vielen Sehenswürdigkeiten und bei den meisten Gemeindeämtern gibt es zum Beispiel Ladestellen. Luxuriöser ist es, wenn das Auto über eine Schnellladefunktion verfügt. Mit dem Stromtankstellenverzeichnis findet man in Österreich sehr leicht die nächste Ladestation (www.goingelectric.de). Damit findet man auch Ladestationen, wo man kostenlos aufladen kann.
Was sind deiner Meinung nach Vorteile, wenn man sich den Alltag autofrei gestaltet?
Es ist günstiger autofrei zu leben und eine Ersparnis an Zeit: Ich verschwende keine Gedanken an Service, Winter- oder Sommerreifen, die günstigste Tankstelle zu finden, die günstigste Waschstraße zu haben, die billigste Versicherung und ob ich ein Parkpickerl brauche oder nicht. Autobesitz belastet auf jeden Fall!
Was wünschst du dir von der Politik in Bezug auf Klimaschutz und in Bezug auf die Gestaltung des öffentlichen Raumes?
Im Bereich Verkehrsplanung soll das Auto als Letztes Berücksichtigung und Platz finden: zuerst die Fußgeher, dann die Radfahrer, dann die Öffis und als letztes die Autos.
Phillipp Gintenstorfer & Magdalena Kompek
Wie lange lebt ihr schon ohne Auto?
Wir haben nie ein Auto gehabt! Vor 6 Jahren sind wir nach dem Studium nach Absdorf gezogen und erledigen alles mit den Öffis, dem Rad oder zu Fuß. Wir wohnen knapp 2 km vom Bahnhof entfernt und arbeiten beide in Wien.
Was waren eure Beweggründe autofrei zu leben?
Wir haben das nie hinterfragt, da wir ja nie ein Auto hatten! Man sieht mit der Zeit immer mehr die Vorteile: Man spart viel Geld und Zeit. Es macht uns Spaß in Bewegung zu bleiben, man bleibt fit im Alltag! Und es ist natürlich nachhaltig und umweltfreundlich. Und wahrscheinlich das Wichtigste: es ist einfach ein Stück Lebensqualität, das man nicht mehr hergeben möchte.
Wir sind beim Car-Sharing Fahrvergnügen.at [Bahnhofstrasse Absdorf] angemeldet und brauchen das Auto im Schnitt 5 Mal im Jahr – wenn sehr viel zu transportieren oder ein Ort anders schwer erreichbar ist. Das funktioniert sehr unkompliziert – toll dass es diese Möglichkeit im Ort gibt!
Philipp Gintenstorfer
Wieviele Räder habt ihr?
Da gibt es einige! Ein Lastenrad, Magdalena hat ein Citybike und ein E-Bike, ich habe ein Citybike, ein Rennrad, ein Klapprad und ein Mountainbike. Und dann haben wir einen Thule-Fahrradanhänger, den man auch als Kinderwagen und Laufbuggy verwenden kann. Unsere 4-jährige Tochter bringen wir meistens mit dem Lastenrad, den Inlinern oder mit dem Fahrradanhänger in den Kindergarten. Manchmal laufe ich mit ihr auch hin.
Weitere drei Räder sind „Besucherräder“ und stehen am Bahnhof bereit, wenn uns jemand öffentlich besuchen kommt. Zum Bahnhof sind es doch fast 2 km, das würde zu Fuß sehr lange dauern.
Philipp, was war die weiteste Tour, die du mit dem Rad unternommen hast?
Ich habe schon mehrere Radtouren durch ganz Europa unternommen, in die verschiedensten Richtungen – weil ich es eine tolle Möglichkeit finde, Regionen kennen zu lernen! Die längste Tour war von Zöbing, wo ich ursprünglich her bin, nach Cornwall. Das waren 1.910 Kilometer in 11 Tagen! Nach dem gemeinsamen Urlaub mit der Schwiegerfamilie bin ich dann mit dem Rad weiter nach Amsterdam und mit dem Bus nach Hause gefahren.
Meine letzte größere Tour war 2018 von Absdorf nach Marseille, eine Alpendurchquerung in 9 Tagen mit 1.490km und 14.000hm.
Pläne gäbe es noch viele, seitdem wir Nachwuchs haben, ist natürlich nichts Größeres mehr möglich. Aber vielleicht werde ich mich wieder mal für ein Wochenende aufs Rad schwingen und schauen, wie weit ich komme!
Was macht ihr, wenn ihr doch ein Auto braucht?
Wir sind beim Car-Sharing Fahrvergnügen.at angemeldet und brauchen das Auto im Schnitt 5 Mal im Jahr – wenn sehr viel zu transportieren ist oder ein Ort anders schwer erreichbar ist. Das funktioniert sehr unkompliziert – toll dass es diese Möglichkeit im Ort gibt!
Was wünscht ihr euch von der Politik?
Vor allem dass sie mal ehrlich hinterfragen, ob man wirklich den gesamten öffentlichen Raum auf Biegen und Brechen am Auto ausrichten muss – insbesondere innerorts.
Ich bin Obmann in einem Laufverein und wir machen wöchentliche Lauftrainings mit Kindern verschiedenen Alters. Man sieht, dass Bewegungsmangel und Verlust an koordinativen Fähigkeiten ein immer größeres Problem wird. Obwohl die Kids ja einen ordentlichen Bewegungsdrang hätten – ich finde es so schade, dass sie diesen nicht ausleben können, weil ihr Umfeld nicht „artgerecht“ gestaltet ist, wenn man so sagen will. Ein wöchentliches Training ist da ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wir brauchen möglichst bald wieder Rahmenbedingungen, dass die Kinder absolut sicher und selbstverständlich aktiv und selbstständig in die Schule, zu Freunden und auch überall sonst hinkommen können. Diese aktive Lebensgestaltung und Mobilität im Alltag ist die Grundlage für die weitere gesunde körperliche Entwicklung. Die Verkehrsplanung sollte daher dringend wieder mehr an unseren Kindern, und weniger an Autos ausgerichtet sein.
Neben der innerörtlichen müsste auf jeden Fall auch die überörtliche Radinfrastruktur deutlich besser ausgebaut werden, wie zum Beispiel in den Niederlanden. Zwischen allen größeren Städten sollte es ganz selbstverständlich gute Radverbindungen geben.
Gertraud Moser
Wie lange lebst du schon ohne Auto?
Wir leben jetzt vier Jahre ohne Auto, es war eine finanzielle Entscheidung, das Auto zu verkaufen. Zum Bahnhof fahre ich mit dem Rad und von dort aus weiter in die Arbeit nach Wien. Meine beiden Kinder im Teenageralter fahren mit dem Zug nach Krems zur Schule. Heuer sind wir auch mit dem Zug in den Schiurlaub gefahren. Da muss man schon gut überlegen, was mit soll und was nicht.
Ich brauche nicht oft ein Auto, es sei denn der Kater muss zur Tierärztin oder die Kinder zu einer Geburtstagsfeier. Seit einem Jahr nütze ich gerade für diese Zwecke Car-Sharing und war überrascht, wie gut das funktioniert. Wünschen würde ich mir ein Auto, wenn es in der Früh stark regnet, um die Kinder zum Bahnhof zu bringen. Aber auch das lässt sich gut organisieren!
Gertraud Moser
Wie läßt sich der Alltag autofrei organisieren?
Der Alltag lässt sich sehr gut mit dem Rad bewältigen, denn wir haben zwei Nahversorger im Ort und mehrere Hofläden. Es gibt auch einen lokalen Gemüseanbauer, von dort hole ich jeden Donnerstag ein Gemüsekisterl. Man bekommt sehr viel im Ort. Wenn nicht, nehme ich es von Wien mit.
Was machst du, wenn du doch ein Auto brauchst?
Ich brauche nicht oft ein Auto, es sei denn der Kater muss zur Tierärztin oder die Kinder zu einer Geburtstagsfeier. Seit einem Jahr nütze ich gerade für diese Zwecke Car-Sharing und war überrascht, wie gut das funktioniert.
Wünschen würde ich mir ein Auto, wenn es in der Früh stark regnet, um die Kinder zum Bahnhof zu bringen. Aber auch das lässt sich gut organisieren!
Was wünscht du dir von der Politik?
Als Obfrau des Vereins „INA – Inititiative Nachhaltiges Absdorf“ kann ich sagen, dass bei vielen jungen Familien die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz eine große Rolle spielen. Sehr oft werden die Kinder doch mit dem Auto zur Schule und zum Kindergarten gebracht, weil der Schulweg nicht sicher genug erscheint. Mehr sichere Fahrradwege und Gehwege, vor allem im Ort sind unbedingt erforderlich! Als meine Kinder das erste Mal allein zur Schule radelten, hatte ich schon Bauchweh, denn viele Autos und LKWs sind einfach zu schnell unterwegs. Die Bedürfnisse von Radfahrern und Fußgängern sind in der Gestaltung des öffentlichen Raumes zu wenig berücksichtigt, das sollte sich ändern!
FÖRDERUNGEN
Rund um das Thema Rad-Mobilität gibt es einige Förderungen.
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